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Samstag, 2. Februar 2013

Wann folgt der #Aufschrei der Krüppel?

"@vonhorst wir sollten diese erfahrungen unter einem hashtag sammeln. ich schlage #aufschrei vor." - Als Anne Wizorek am 25. Januar um 12:26 auf ihrem Twitter-Profil diese zwei Sätze als Antwort an eine Frau postete, die von einem Arzt begrabscht wurde, ahnte sie wahrscheinlich nicht, welche Lawine sie damit lostreten würde.

Es folgte eine Flut an "Aufschrei"-Tweets, die mehrheitlich von anzüglichen Bemerkungen und unerwünschtem Körperkontakt berichteten. Es ging hier also nicht nur um Gewalt im konventionellen, brachialen Sinne, sondern um respektloses, grenzverletzendes Verhalten im Allgemeinen. Es ging um die Grenzbereiche von Gewalt, um jenes Verhalten, das leicht kleingeredet werden kann, als Schlagzeile nicht viel hergibt und gerade deshalb immer noch ganz selbstverständlich zum Alltag dazugehört. Oder wie Alice Schwarzer in Günther Jauchs Sendung vom 27. Januar es ausdrückte: "Diese Art von sexistischem Umgang mit Frauen, durch Kollegen, Vorgesetzte oder Arbeitspartner, ist ja in Wahrheit eine Machtgeste, die die Frau so zu sagen auf ihren Platz als Frau zurückschiebt und sie nicht als professionelles Gegenüber akzeptiert."

Die ganze Sache erinnerte mich recht schnell an meine eigenen Erfahrungen und mir wurde bewusst, dass auch ich ein paar dutzend #aufschrei-Tweets veröffentlichen könnte, wenn auch vor einem ganz anderen Hintergrund:


Die Ausbildnerin, die versucht hat, meine Lehre abzubrechen, nachdem ich ihren Annäherungsversuch abgewiesen habe #aufschrei

Der KV-Lehrling, der uns angespuckt hat, als ich meinem motorisch behinderten Mitlehrling die Treppe runter half #aufschrei

All die Male, als man mir ganz selbstverständliche Rechte und Freiheiten vorenthalten hat, mit der Begründung, ich sei schliesslich behindert #aufschrei

All die Male, als man keine Rücksicht auf mein Marfan-Syndrom nahm, mit der Begründung, ich könne keine Sonderbehandlung erwarten, nur weil ich behindert bin #aufschrei

Gegen Unbelehrbarkeit ist keine Charta gewachsen

Was ich an #aufschrei aber beinahe erschreckender finde, als die zahlreichen Erfahrungsberichte, sind die ignoranten Reaktionen mancher Unbelehrbarer: Zeilen wie "Du gehörst einfach mal wieder ordentlich durchgefickt.", sollen Frau Wizorek mehrfach zugeschickt worden sein. Das ist ja eine altbekannte Art, auf den Unmut einer Frau zu reagieren. "Die hat wohl gerade ihre Tage." oder "Die ist wohl in den Wechseljahren." sind auch beliebte Varianten.

Es sind gerade solche Reaktionen, die Anne Wizorek und ihren Mitstreiterinnen recht geben. Denn einen ordinären Spruch oder einen Klaps auf den Hintern kann man ja wie gesagt leicht kleinreden, behaupten, man hätte die Signale des Gegenübers halt falsch interpretiert etc. Aber in diesem Fall weiss man ja, dass das Gegenüber keine sexistischen Sprüche wünscht, tut aber diese Kritik mit eben einem solchen Spruch ab. Viel deutlicher kann man einem Menschen kaum sagen, dass man sich um seine Gefühle und Ansichten nicht schert.

Und auch hier sehe ich wieder eine Parallele zu behinderten Menschen: Hier wird die Unzurechnungsfähigkeit in der Regel nicht auf den Hormonhaushalt oder einen sexuellen Mangel bezogen (wobei mir auch schon mal ein Vorgesetzter den "Tipp" gegeben hat, ich solle doch anfangen zu wichsen, um meine "Geilheit" abzubauen). Hier muss vielmehr die Behinderung als Vorwand herhalten, um das Empfinden eines Menschen als irrational und unberechtigt abtun zu können: Man ist dann einfach grundsätzlich "psychisch gestört" oder aus anderen Gründen nicht zurechnungsfähig, selbst wenn die Behinderung nicht den geringsten Einfluss auf das Urteilsvermögen hat.

Manchmal geht es aber auch noch dreister und man wird ganz offen darauf hingewiesen, dass man ja "bedürftig" (kotz) ist und deshalb grundsätzlich dankbar zu sein und keine Ansprüche zu stellen hat. Das ist dann wenigstens ehrlich, gibt man doch damit ganz offen zu, dass man seine Aggressionen halt an dem auslässt, der schwach ist, weil er durch die geschaffene Abhängigkeit schwach gemacht wurde.

Vor diesem Hintergrund wird dann auch klar, warum die "Wir schauen hin-Charta zur Prävention von sexuellem Missbrauch, Ausbeutung und anderen Grenzverletzungen gegenüber Menschen mit Behinderung", welche der Öffentlichkeit zufälligerweise fünf Tage nach Wizorek's folgenschwerem Tweet präsentiert wurde, völlig am Ziel vorbeischiesst: Sie trägt weder den Ursachen des Problems Rechnung (Machtverhältnis, schlechte Personalentscheide in Folge Bewerbermangel), noch erfasst sie seinen wahren Umfang (Die alltäglichen Grenzverletzungen, ohne die eine Behinderteneinrichtung gar nicht funktionieren kann). Würde sie das tun, könnte sie nur zum Schluss kommen, dass das System Heim an sich überwunden werden muss. Was bleibt, ist eine nette PR-Aktion, die spätestens beim Auffliegen des nächsten Skandals obsolet sein wird.

Wer sich näher für Belästigungen und Machtspielchen in Behinderteneinrichtungen interessiert, dem empfehle ich jetzt mal ganz uneigennützig das Buch, dass ich zu diesem Thema geschrieben habe:

hochbegabt - behindert - kaputt integriert: über das wahre Gesicht geschützter Institutionen

Die Geschichte passte leider auf keinen Blog und schon gar nicht in einen Tweet.


Siehe auch

Herrenwitz mit Folgen - hat Deutschland ein Sexismus-Problem? (Günther Jauch vom 27. Januar 2013)
Alles in allem eine schwache Sendung, aber Alice Schwarzer macht ein paar wichtige Punkte.

#aufschrei auf Gesellschaft, Behinderung und die Invalidenversicherung

Berner Missbrauchsfall hat laut Verbänden «spürbar sensibilisiert»

Website von "Wir schauen hin"

Heimgewalt Schweiz (Artikelsammlung zum Thema institutionelle Gewalt seit 2000)

Samstag, 9. Juni 2012

Auszug aus einer Diskussion zum Thema Behindertenbetreuung

Ingrid Pütz:
Ist doch so, wenn die Betroffenen selbstständiger werden, brauchen sie keine Betreuer und sie wären arbeitslos. Also muss Abhängigkeit geschaffen werden.

Anja Hübner:
Dabei ist diese Befürchtung komplett unbegründet. Betreuung hat ja nichts mit Bevormundung oder Gängelei zu tun. Man kann auch betreuen ohne seinen Schützling zu einem unselbstständigen Hündchen abzurichten. Man sollte es sogar denn so ist es eigentlich vorgesehen. Aber wenn dann diese Hobbydiktatoren ankommen die der Einfachheit halber lieber Sozialpädagogik studieren um dann ganz entspannt einen Beruf auszuüben ohne tatsächlich arbeiten zu müssen, dann wird's echt unschön. Solche Leute gehören vielleicht als Trainer auf den Hundeplatz oder zu "Problem-Teenies" um die wieder auf die richtige Bahn zu zwingen, aber nicht in Bereiche in denen sie auf Wehrlose losgelassen werden. Es ist halt viel entspannter die Leute mit ununterbrochenen Anweisungen (oder z.B. in Altenheimen mit Medikamenten) ruhig zu stellen um dann in aller Ruhe mit den anderen "Betreuern" Käffchen trinken zu können, als sich wirklich mit den Schutzbefohlenen zu befassen, ihre Bedürfnisse zu erkennen und umzusetzen. Da aber leider die breite Masse und vor allem auch die Gesetzgebung "froh ist dass sich überhaupt irgendjemand so etwas antut und um diese Leute kümmert"(O-Ton in einer Diskussion mit einem Berliner Politiker) wird es wohl noch ein langer und harter Kampf bis diese Zustände komplett abgeschafft sind.

Ich danke den beiden Damen, dass Sie mir erlaubt haben, das hier zu zitieren. Sie bringen es wirklich auf den Punkt.

Samstag, 4. Juni 2011

Panorama BBC Undercover Care

Wegen der Misshandlung behinderter Heimbewohner sind in England vier Verdächtige festgenommen worden. Eine TV-Sendung deckte die Missstände in Hambrook auf.







Dienstag, 1. März 2011

Gewalt im Heim (Autor: Ruedi Prerost)

Gegenwärtig häufen sich Berichte über physische, psychische und sexuelle Gewalt in Betreuungsinstitutionen. Scheinbar nimmt die Zahl solcher Straftaten zu. Wahrscheinlich decken aber moderne Kommunikationsmittel und eine allmählich offenere Gesellschaft einfach mehr Fälle auf. Zu ihrer Verteidigung scheuen sich Täter wie Institutionen nicht, zunächst die Opfer zu beschuldigen. Das geht vom überlasteten Pflegepersonal bis zu aggressiven Behinderten oder Patienten. Diese Argumentation ist verwerflich und bizarr. Massgebend für die Verwandlung sonst unauffälliger Menschen in zuweilen sadistische Monster sind erstens ein quasi rechtsfreier Raum und zweitens ein genügend grosses Machtgefälle zwischen Täterin und Opfer. Kriege, Gefängnisse, Sekten, Betreuungsinstitutionen und Familien sind darum die klassischen Schauplätze für ungeahndete Übergriffe bis hin zum Mord. Günstige Gelegenheiten vorausgesetzt, stehen offenbar die Frauen den Männern im Begehen von Greueltaten in nichts nach.

Das Böse im Menschen zu bändigen ist Ziel sämtlicher Religionen und Sinn vieler Gesetze. Polizei, soziale Kontrolle und Angst vor Statusverlust tun das ihre. In Behindertenheimen könnten häufige, unangemeldete Kontrollen durch unabhängige Vertrauensleute vorbeugend wirken und Misshandlungen zum Teil aufdecken. Das wirkungsvollste Mittel aber heisst Deinstitutionalisierung. Gefängnisse und Familien kann man nicht schliessen, Heime schon. Sie sind im Vergleich mit persönlicher Assistenz unrentabel, beschneiden Menschenechte und bieten vielfach ideale Voraussetzungen für die versteckte Anwendung von Gewalt.

Quelle: „Inside“ Pro Infirmis, Mai 2010

Siehe auch:

Therapeut hat über 100 Kinder missbraucht

Meldungen über Gewalt an alten Menschen nehmen zu

Verdacht auf Misshandlung bestand schon länger

Weiterer Fall im Pflegeheim Entlisberg

Skandal:Demütigungen in Zürcher Pflegeheim

Berner Heimleiter sass bereits einmal in U-Haft

Pädagogin: Heim-Sex mit Jugendlichen

Behinderte in Waadtländer Heim misshandelt

Krankenheim: Schweren Vorwürfen ausgesetzt

Neuer Heimskandal erschüttert St. Gallen

Versagte die Heimleitung?

Freitag, 11. Februar 2011

Es war einmal ein Pfleger



Es war einmal ein Pfleger,
der misshandelte Heimbewohner.
Alle waren entsetzt und schrien nach Konsequenzen.
Nach zwei Wochen sprach keiner mehr darüber.
Dann passierte sechs Monate lang nichts,
bis ich die Zeitung aufschlug
und in der Zeitung stand:

Es war einmal ein Pfleger,
der misshandelte Heimbewohner.
Alle waren entsetzt und schrien nach Konsequenzen.
Nach zwei Wochen sprach keiner mehr darüber.
Dann passierte sechs Monate lang nichts,
bis ich die Zeitung aufschlug
und in der Zeitung stand:

Es war einmal ein Pfleger,
der misshandelte Heimbewohner.
Alle waren entsetzt und schrien nach Konsequenzen.
Nach zwei Wochen sprach keiner mehr darüber.
Dann passierte sechs Monate lang nichts,
bis ich die Zeitung aufschlug
und in der Zeitung stand:

Es war einmal ein Pfleger,
der misshandelte Heimbewohner.
Alle waren entsetzt und schrien nach Konsequenzen.
Nach zwei Wochen sprach keiner mehr darüber.
Dann passierte sechs Monate lang nichts,
bis ich die Zeitung aufschlug
und in der Zeitung stand:

Es war einmal ein Pfleger,
der misshandelte Heimbewohner.
Alle waren entsetzt und schrien nach Konsequenzen.
Nach zwei Wochen sprach keiner mehr darüber.
Dann passierte sechs Monate lang nichts,
bis ich die Zeitung aufschlug
und in der Zeitung stand:

Es war einmal ein Pfleger,
der misshandelte Heimbewohner.
Alle waren entsetzt und schrien nach Konsequenzen.
Nach zwei Wochen sprach keiner mehr darüber.
Dann passierte sechs Monate lang nichts,
bis ich die Zeitung aufschlug
und in der Zeitung stand:

Es war einmal ein Pfleger,
der misshandelte Heimbewohner.
Alle waren entsetzt und schrien nach Konsequenzen.
Nach zwei Wochen sprach keiner mehr darüber.
Dann passierte sechs Monate lang nichts,
bis ich die Zeitung aufschlug
und in der Zeitung stand:

usw.

Siehe auch:

Heimgewalt Schweiz

Sonntag, 5. Dezember 2010

Tag der Menschenrechte, 10. Dezember

Nächsten Freitag findet wieder der alljährliche Tag der Menschenrechte statt. Die Schweizer Medien werden dann wahrscheinlich hauptsächlich über Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern berichten. Doch auch in der Schweiz finden Menschenrechtsverletzungen, vor allem gegenüber Behinderten statt. Diese könnte man eigentlich leicht bekämpfen, zum Beispiel mit der Ratifizierung der UNO-Behindertenkonvention.

(für Vergrösserung Bild anklicken)

[Auf gelbem Grund steht in schwarzer Schrift: "IN DER SCHWEIZ WIRD JEDE VIERTE FRAU MINDESTENS EINMAL IN IHREM LEBEN VERGEWALTIGT.", darunter die Worte: "Kaum denkbar, aber für geistig behinderte Frauen Realität. Unterschreiben Sie hier für eine freiere und gerechtere Schweiz: www.uno-konvention-behinderte.ch", daneben die Worte "REALITY OF THE DISABLED", die dem Schriftzug von Amnesty International ähnlich sind.]

[Auf gelbem Grund steht in schwarzer Schrift: "IN DER SCHWEIZ DÜRFEN MENSCHEN OHNE IHRE ZUSTIMMUNG FÜR MEDIZINISCHE EXPERIMENTE BENUTZT WERDEN.", darunter die Worte: "Kaum denkbar, aber für urteilsunfähige Menschen Realität. Unterschreiben Sie hier für eine freiere und gerechtere Schweiz: www.uno-konvention-behinderte.ch", daneben die Worte "REALITY OF THE DISABLED", die dem Schriftzug von Amnesty International ähnlich sind.]

[Auf gelbem Grund steht in schwarzer Schrift: "IN DER SCHWEIZ DÜRFEN MENSCHEN ZWANGSSTERILISIERT WERDEN.", darunter die Worte: "Kaum denkbar, aber für geistig behinderte Menschen Realität. Unterschreiben Sie hier für eine freiere und gerechtere Schweiz: www.uno-konvention-behinderte.ch", daneben die Worte "REALITY OF THE DISABLED", die dem Schriftzug von Amnesty International ähnlich sind.]