Wie weiter mit der Behindertengleichstellung?
Sehr geehrte Damen und Herren
Am
3.12.2016 habe ich das Buch «Die schweizerische Behindertengleichstellung»
herausgegeben. Darin zeige ich auf, wie die Behindertengleichstellung in der
Schweiz entstanden ist und mit welchen Widerständen Betroffene und
Organisationen zu kämpfen hatten. Ich beschäftige mich auch heute noch mit
diesen Fragen und verfolge diesen Prozess in der Schweiz intensiv. Dabei ist
mir folgendes aufgefallen:
Seit
einiger Zeit wird in der Schweiz versucht, beim Bund eine kohärente Behindertenpolitik
mit Strategie zur umfassenden Umsetzung der UNO-Behindertenrechtskonvention und
ein dazugehörendes Monitoring-System zu installieren. Erst kürzlich hat der
Schattenbericht von Inclusion Handicap dies wieder als zentrale Hauptforderung
in den Raum gestellt. Offen gesagt, frage ich mich, ob diese Strategie
erfolgreich ist. Natürlich wäre man froh, wenn man auf solche Instrumente zurückgreifen
könnte. Doch aufgrund meiner langjährigen Erfahrung glaube ich nicht, dass
diese beiden Hilfsmittel uns wirklich weiterbringen. Folgende Gründe sprechen
meiner Meinung nach dagegen:
Erhebliche Lücken in der Behindertengleichstellung bestehen heute auf der Ebene der Kantone und Gemeinden. Wir wissen alle, dass wir einen starken Föderalismus haben und dass der Bund nur begrenzt Einfluss auf die Kantone hat. Auch das beste Behindertenkonzept aus der Bundesschublade wird in den Kantonen kaum Beachtung finden, ausser es wird mit neuen nationalen Gesetzen verknüpft, was wiederum eine sehr starke Behindertenlobby nötig macht, die es in der Schweiz aber nicht gibt. So oder so braucht die Erstellung dieser Grundlagen endlos viele Jahre und verschlingt eine Menge Ressourcen. Wir haben aber weder die Zeit noch ausreichend Ressourcen dafür. Und ob der Bundesrat bzw. das bürgerliche Parlament jemals bereit sein werden, die hierfür benötigten Geldmittel zu bewilligen, steht in den Sternen. Ich erinnere nur daran, dass der Bundesrat beim EBGB bereits die Mittel kürzen wollte (siehe Mitteilung 4.10.2016 von Inclusion Handicap).
Erhebliche Lücken in der Behindertengleichstellung bestehen heute auf der Ebene der Kantone und Gemeinden. Wir wissen alle, dass wir einen starken Föderalismus haben und dass der Bund nur begrenzt Einfluss auf die Kantone hat. Auch das beste Behindertenkonzept aus der Bundesschublade wird in den Kantonen kaum Beachtung finden, ausser es wird mit neuen nationalen Gesetzen verknüpft, was wiederum eine sehr starke Behindertenlobby nötig macht, die es in der Schweiz aber nicht gibt. So oder so braucht die Erstellung dieser Grundlagen endlos viele Jahre und verschlingt eine Menge Ressourcen. Wir haben aber weder die Zeit noch ausreichend Ressourcen dafür. Und ob der Bundesrat bzw. das bürgerliche Parlament jemals bereit sein werden, die hierfür benötigten Geldmittel zu bewilligen, steht in den Sternen. Ich erinnere nur daran, dass der Bundesrat beim EBGB bereits die Mittel kürzen wollte (siehe Mitteilung 4.10.2016 von Inclusion Handicap).
Um
die Behindertengleichstellung in der Schweiz schneller und effizienter zu
erreichen, gibt es meiner Meinung nach bessere Wege:
Kantonale Beauftragte für die Behindertengleichstellung in den Kantonen
Wie Sie der Presse vielleicht entnommen haben, hat die Stadt Zürich vor kurzem zwei neue Behindertenbeauftragte eingesetzt. Dies ist der richtige Weg! Neben der Stadt Bern hatte auch der Kanton Basel-Stadt lange Zeit eine solche Anlaufstelle. Als ehemaliger Leiter der Fachstelle hindernisfreies Bauen von Basel-Stadt begleitete ich den Behindertenbeauftragten über viele Jahre hinweg. Ich konnte feststellen, wie enorm wirksam diese Funktion war. Der Beauftragte wirkte auf zahlreichen Ebenen praxisbezogen und realistisch. Er konnte dadurch viele Verantwortliche in den Ämtern und Verwaltungen für dieses Anliegen gewinnen.
Ich habe vielen Regierungsräten in den Kantonen mein Buch zugestellt. Die Rückmeldungen waren durchwegs positiv, und ich habe das Gefühl, dass viele Kantone heute bereit sind, solche Stellen zu schaffen. Grund dafür ist, dass die Erkenntnis gewachsen ist, dass die Behindertengleichstellung die treibende Kraft für eine altersgerechte Infrastruktur ist. Daran sind heute sehr viele Gemeinden und Kantone aufgrund der Überalterung interessiert. Zudem steht eine Deinstitutionalisierung im Behindertenbereich bevor, und auch dafür braucht es entsprechende Fachleute.
Schulung der Verantwortlichen
Wie ich mit meinem Buch aufzeigen konnte, hatten die USA mit der ADA («American with Disabilities Act»), die 1990 eingeführt wurde, eine wesentliche Vorbildfunktion für die Schweiz. Das amerikanische Bundesgesetz, das ein Stück weit mit unserem BehiG vergleichbar ist, löste in den USA grosse Fortschritte bei der Behindertengleichstellung aus. Dafür verantwortlich sind zum einen die hohen Geldstrafen, die bei Verstössen anfielen, zum anderen die in allen Teilen der USA organisierten Schulungen und Seminare, die sich an Arbeitgeber, Architekten, Verwaltungen usw. richteten.
Genau
hier muss auch die Schweiz ansetzen. Seit 15 Jahren führe ich verschiedene
Kurse für die Schweiz. Fachstelle für behindertengerechtes Bauen durch und
stelle fest, dass Kurse zur Gleichstellung behinderter Menschen sehr grossen Anklang
finden. Viele Mitarbeiter in den Verwaltungen, die damit in Kontakt kommen,
sind interessiert an diesem Thema. Sie besuchen gerne Kurse, in denen
Betroffene verdeutlichen, was genau berücksichtigt werden muss. Doch leider
gibt es in der Schweiz kaum solche Schulungen. Hier besteht eine grosse Lücke,
die meiner Meinung nach von den Behindertenorganisationen gefüllt werden kann/muss.
Ich
bitte Sie also, sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, dass in allen Kantonen möglichst rasch die Stelle eines
Behindertenbeauftragten geschaffen wird. Ideal wäre es, wenn diese Stellen
durch Menschen mit Behinderungen besetzt würden. Gleichzeitig fände ich es
sehr wünschenswert, wenn möglichst viele Kurse zum Thema
Behindertengleichstellung organisiert und durchgeführt werden.
Es
grüsst Sie freundlich
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