Freitag, 25. Oktober 2013

Raffaele Pennacchio: Der Arzt, der an die Würde der Kranken glaubte

Raffaele Pennacchio (Bild: privates facebook-Profil
Sein letzter Tweet stammt vom 21. Oktober, dem Tag an dem die ALS-Betroffenen nach Rom aufbrachen, um an der vom "Komitee 16. November" (Comitato 16 Novembre Onlus) ausgerufenen Protestaktion teilzunehmen. Er hatte einen Artikel der Tageszeitung "l'Unione Sarda" gepostet, der von der Abreise einiger behinderter Sarden berichtete. Unter ihnen war auch Salvatore Usala, Generalsekretär des "Komitee 16. November" und selber ALS-Betroffener.

Raffaele Pennacchio, der Arzt, der gestern nach einem Treffen mit der Regierung 55-jährig verstarb, hatte selber ALS. Der aus Macerata in Kampanien stammende Mediziner glaubte fest an die Achtung der Würde des Patienten und an die Möglichkeit, schwer und schwerstkranken Menschen durch persönliche Assistenz ein Leben in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Deshalb hatte er das Projekt "Restare a casà" (zu Hause bleiben) des Komitees 16. November vorbehaltlos und mit enormem persönlichem Kräfteeinsatz unterstützt.

"Morgen gehen wir nach Rom... Wir werden für ein paar Tage nichts voneinander hören...", lautete sein facebook-Update vom Sonntag. Pennacchio war pensionierter Arzt, verheiratet (seine Frau ist ebenfalls Medizinerin), zweifacher Vater, arbeitete bei der örtlichen Gesundheitsbehörde von Caserta und war Spezialist für besondere semiologische Verfahren in der Chirurgie.

Übersetzt aus dem Italienischen von David Siems / Quelle der Nachricht: Il Messaggero

Sonntag, 20. Oktober 2013

Behindert und verliebt - «Schweiz aktuell» inszeniert den Menschenzoo


TV-Kritik von Michael Furger 

Bettina und Claude sind verliebt. Sie küssen sich mit spitzem Mund, lesen gemeinsam den Wetterbericht in der Zeitung und cremen einander die Füsse ein. Das sehen wir in «Schweiz aktuell», das diese Woche als Themenschwerpunkt täglich aus einer Wohngruppe für geistig Behinderte sendete. Dort lebt das Liebespaar; Bettina und Claude haben das Down-Syndrom. Behindert und verliebt - das haben die Fernsehmacher schön hingekriegt. Auch der «Club» konnte am Dienstag seine Sendung dem Thema widmen.

Menschen mit Down-Syndrom sind beim Schweizer Fernsehen gern gesehene Akteure. Im Sommer 2012 strahlte es die Doku-Soap «Üsi Badi» aus. Behinderte arbeiteten in einer Badi. Das war so herzig und offenbar so erfolgreich, dass man diesen Sommer die Protagonisten in einen Tierpark stellte und es «Üse Zoo» nannte. Über die Behinderten-Theatergruppe Hora berichten «Dok», «10 vor 10», «Kulturplatz» und sogar «Glanz & Gloria».

Es ist wichtig, dass Menschen mit Behinderungen in den Medien Beachtung finden. Das kann der Ausgrenzung entgegenwirken. Doch was die Serienmacher im Sommer und diese Woche in «Schweiz aktuell» inszenierten, geht in die andere und damit falsche Richtung. Man inszeniert den Menschenzoo. Das Paar auf dem Velo, das Paar im Restaurant, das Paar beim Schmusen. Es sieht nicht anders aus als bei anderen Liebespaaren. Weil die beiden behindert sind, wird eine Show daraus gemacht. Schaut mal her! Sind die nicht putzig. Dient das der Sache? Eher nicht.

Interessant ist, wie die Fernsehleute agieren. Die Aussenmoderatorin Sabine Dahinden stolpert unbeholfen durch die Wohngruppe und findet keinen Draht zu den an sich offenen Bewohnern. Wichtige Themen wie Sexualität umschifft sie. In den Gesprächen mit Experten fühlte sich die Moderatorin sichtlich wohler. Und im «Club» fand die Diskussion gleich ohne die Betroffenen statt. Die Fachleute blieben unter sich. Zur Unterhaltung sind Behinderte willkommen, aber so richtig für voll nimmt man sie dann doch nicht.

Erschienen in der NZZ am Sonntag vom 20. Oktober 2013

Siehe auch: Deine Bedürfnisse, meine Bedürfnisse

Dienstag, 15. Oktober 2013

Offener Brief an Urs Schwaller / Motion “Nachhaltige Sanierung der IV ist dringend notwendig”

Sehr geehrter Herr Schwaller

In Ihrer Ständerats-Motion zur IV-Sanierung vom 27. September diesen Jahres fordern Sie unter anderem eine Verbesserung der Betrugsbekämpfung, sowie Massnahmen zur Eingliederung insbesondere psychisch behinderter Menschen.

Als Betreiber der umfangreichsten Schweizer Nachrichtenplattform zum Thema Behinderung sind wir bestens über die Folgen der letzten beiden IV-Revisionen und des allgemeinen Spardruckes informiert. Unser Fazit:

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