Sonntag, 21. November 2010

Miss Rollstuhl (Autor: Ruedi Prerost)

Mir persönlich sind Miss-Wahlen ein Greuel. Die meisten Präsentationen sind dümmlich, die Abläufe standardisiert bis zum erstaunten „Was, ich?“ und dem obligaten Freudentränchen. Die Veranstaltungen haben lange Tradition und seit einer Weile existieren entsprechende Konkurrenzen bekanntlich auch für Männer. Nur Ende der sechziger Jahre und Anfang der siebziger gab es vorübergehend feministische Kritik an der Fleischbeschau. Doch das Publikum scheint begeistert, nicht nur über die ganz grossen Shows. Auch „Miss Auto“, „Miss Hintern“, „Miss Süssmost“ und tausende weiterer Wettbewerbe bis hin zur bizarren „Miss Landmine“, die als Preis eine Beinprothese bekommt, findet alles regen Zuspruch.

Wie kann man bei so viel Enthusiasmus noch etwas gegen „Miss Rollstuhl“ oder Miss „Beauties In Motion“ haben? Bei den Rollstuhl-Missen und -Mistern geben Veranstalter und Teilnehmer regelmässig an, nebenbei auch etwas für die Integration zu tun. Gegen Integration spricht allerdings, dass in fast allen Wettbewerben die Beine unter langen Kleidern versteckt sind und sich die Kandidatinnen einfach als sitzende Modelle präsentieren. Aber wahrscheinlich bin ich zu streng. Behinderten steht ein Recht auf gleichberechtigte Blödheit zu und wenn sie es dabei noch geniessen, für einen Augenblick im Flutlicht zu sitzen, muss man diesen Dingen wohl ihren Lauf lassen.

Selbst bleibe ich skeptisch. Die Darstellung herausgeputzter, vornehmlich weiblicher Gesichter und Oberkörper zeigt nicht, was diese Menschen sind, sondern was sie in unserer Gesellschaft ohne Behinderung sein könnten. Die Siegerin bekommt denn auch keine lukrativen Werbeverträge, sondern einen Blumenstrauss.

Quelle: „Inside“ Pro Infirmis Nr. 4, Dez. 2008

Siehe auch:

Mit Handicap zur funkelnden Krone

Dienstag, 9. November 2010

Abstimmungs-Empfehlungen für den 28.11.2010

Ausschaffungs-Initiative

Viele behinderte Menschen sind von IV-Renten, Ergänzungsleistungen oder Sozialhilfe abhängig. Wenn sie diese Leistungen beziehen, müssen sie die zuständigen Behörden über alle möglichen Veränderungen in ihrem Leben, zum Beispiel wenn sie mit anderen Leuten in eine gemeinsame Wohnung ziehen, informieren. Tun sie das nicht oder zu spät und die Behörden erfahren es, so müssen sie eine Busse bezahlen. Wir sprechen hier also nicht von Simulanten.

Wird die Ausschaffungs-Initiative angenommen, sind solche einfachen Vergehen in Zukunft bereits Grund genug, Leute auszuschaffen und für mehrere Jahre nicht mehr in die Schweiz einreisen zu lassen. Nach Initiative würden diese Leute selbst dann ausgeschafft werden, wenn sie in ihrem Heimatland gefoltert oder sogar getötet werden würden.

Wir sehen nicht ein, warum ein behinderter Ausländer wegen seiner Vergesslichkeit jedes Recht auf Schutz vor Gewalt und Tod verlieren sollte, wenn ein behinderter Schweizer dafür nur eine Busse bezahlen muss. Die Initiative ist unserer Meinung nach unmenschlich und versucht eine Lynchjustiz für Ausländer einzuführen, die behinderte Ausländer besonders hart und unverhältnismässig treffen würde. Wir empfehlen Ihnen daher dringend, ein NEIN in die Urne zu legen.

Steuergerechtigkeits-Initiative

Unter dem Deckmantel des "Wettbewerbs" unterbieten sich einige Kantone seit Jahren bei der Besteuerung von Superreichen gegenseitig. Jede Steuersenkung für Superreiche muss mit Sparpaketen bei Bildung, Gesundheit, Sozialleistungen und anderen öffentlichen Diensten finanziert werden. Die Konzentration von vielen Superreichen an einem bestimmten Ort führt zudem zu immer höheren Boden- und Mietpreisen.

Die Superreichen betreffen die Sparpakete nicht, da sie sich Privatschulen und Privatkliniken leisten können und eher selten verarmen und Sozialleistungen beantragen müssen. Auch die hohen Boden- und Mietpreise sind für sie kein Problem. Die Zeche bezahlen also Mittelstand und Unterschicht, die sich Privatschulen und Privatkliniken nicht leisten können und dank dem Steuerwettbewerb zudem noch mit immer höheren Mietpreisen kämpfen müssen.

Behinderte Menschen werden aber auch hier besonders hart getroffen: lernbehinderte Kinder sind besonders auf gute schulische Förderung angewiesen, um mitkommen zu können. Für Rollstuhlfahrer, Gehbehinderte oder Betagte ist es besonders wichtig, in kurzer Entfernung zu einem Krankenhaus, einer Poststelle, der Gemeindeverwaltung, etc. zu wohnen. Für behinderte Menschen sind die immer kleiner werdende IV-Rente/Ergänzungsleistungen/Sozialhilfe und die steigenden Mietpreise eine Bedrohung ihrer Existenz.

Wir fragen uns: Warum sollen 99% der Bevölkerung leiden, damit es dem einen Prozent der Bevölkerung, dem es sowieso schon sehr gut geht, noch besser geht?

Die Steuergerechtigkeits-Initiative verlangt einen Mindeststeuersatz für Reiche und würde diese zerstörerische Entwicklung aufhalten. Das Kaputtsparen der öffentlichen Hand würde gebremst werden, die Reichen würden sich gleichmässiger über die Schweiz verteilen und die Mietpreise würden in den betroffenen Kantonen wieder sinken. Ausserdem wäre die Annahme der Initiative auch ein Signal gegen das Kaputtsparen der Leistungen, für die der Bund aufkommen muss (IV, Landeverteidigung, etc.).

Wir empfehlen Ihnen daher JA zur Steuergerechtigkeits-Initiative zu stimmen.

Montag, 1. November 2010

"Zaemestah! - Demo Für eine solidarische Invalidenversicherung" am 30. Oktober 2010 in Bern

Street-Performance der Tanzgruppe "Strandgut"


Transparente


Luftballons, die bereit sind in den Himmel zu fliegen 


mit einer Ausnahme...


Preisfrage: wer hat ihn losgelassen?



Fotos by Zsofia Frey