Gegenwärtig häufen sich Berichte über physische, psychische und sexuelle Gewalt in Betreuungsinstitutionen. Scheinbar nimmt die Zahl solcher Straftaten zu. Wahrscheinlich decken aber moderne Kommunikationsmittel und eine allmählich offenere Gesellschaft einfach mehr Fälle auf. Zu ihrer Verteidigung scheuen sich Täter wie Institutionen nicht, zunächst die Opfer zu beschuldigen. Das geht vom überlasteten Pflegepersonal bis zu aggressiven Behinderten oder Patienten. Diese Argumentation ist verwerflich und bizarr. Massgebend für die Verwandlung sonst unauffälliger Menschen in zuweilen sadistische Monster sind erstens ein quasi rechtsfreier Raum und zweitens ein genügend grosses Machtgefälle zwischen Täterin und Opfer. Kriege, Gefängnisse, Sekten, Betreuungsinstitutionen und Familien sind darum die klassischen Schauplätze für ungeahndete Übergriffe bis hin zum Mord. Günstige Gelegenheiten vorausgesetzt, stehen offenbar die Frauen den Männern im Begehen von Greueltaten in nichts nach.
Das Böse im Menschen zu bändigen ist Ziel sämtlicher Religionen und Sinn vieler Gesetze. Polizei, soziale Kontrolle und Angst vor Statusverlust tun das ihre. In Behindertenheimen könnten häufige, unangemeldete Kontrollen durch unabhängige Vertrauensleute vorbeugend wirken und Misshandlungen zum Teil aufdecken. Das wirkungsvollste Mittel aber heisst Deinstitutionalisierung. Gefängnisse und Familien kann man nicht schliessen, Heime schon. Sie sind im Vergleich mit persönlicher Assistenz unrentabel, beschneiden Menschenechte und bieten vielfach ideale Voraussetzungen für die versteckte Anwendung von Gewalt.
Quelle: „Inside“ Pro Infirmis, Mai 2010
Siehe auch:
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Verdacht auf Misshandlung bestand schon länger
Weiterer Fall im Pflegeheim Entlisberg
Skandal:Demütigungen in Zürcher Pflegeheim
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