Sonntag, 12. August 2012

Schweizer Volkssagen: Azelle Bölle schelle



Abschrift:

Azelle Bölle schelle, de Hans de chunt vo Walliselle.
Laufe chan er nöd ällei, dänn er hät ganz chrummi Bei.
Scho sitt Geburt gahts im eso, das macht in ganz und gar nöd froh,
dänn tBehinderig isch s'eine, aber mer dörf au nöd verneine:
Wänn er en Umfall gha hetti, so wie bim Sport de Beltrametti,
wäri er, nur so zum Spass, i de Sändig "Wetten dass"
ines fahrends Auto grännt, het sich debi sis Mark durtrännt,
het meren inere Schlucht une gfunde, übersäht mit schwäre Wunde,
will er ab de Brugg isch gumped, mer seit dezue au "Bungee jumped",
mit eme altersschwache Seil, fänd mer das irrsinnig geil.
Es wärem mit Sicherheit passiert, dass im jede applaudiert,
will er en Optimischt isch blibe, sich sin Muet nöd lat ustrybe.
Zum Aeschbacher wür er ga, det chönt er sini Wysheit usela,
dass alls nur e Frag vom Wille segi und jede e zweiti Chance hegi,
sis Läbe wider in Griff zbringe, mer müess sich nur chly dezue zwinge.
Ja, wer sini Gsundheit gitt für nüt, de isch en Held für ganz vill Lüt,
und mit allgemeiner Sympathie, isch es eifach optimistisch zsi.
Doch wer scho immer so isch gsi, dem rüeft mer anders hinedri:
"Wärum laht mer das Chind nu lide? Het mers nöd chöne abtribe?
Es wott mer gar nöd gfalle, dass mir für söttigi müend zalle."
Es git kei Ruhm und au kei Gäld für de Hans i dere Wält.

Stimme: Silvio Rauch / Text: David Siems

Übersetzung für Nicht-Zürcher:

Anzählen Zwiebeln schälen, Hans kommt aus Wallisellen.
Laufen kann er nicht alleine, denn er hat ganz krumme Beine.
Schon seit Geburt geht es ihm so, das macht ihn ganz und gar nicht froh,
denn die Behinderung ist das eine, aber man darf auch nicht verneinen:
Wenn er einen Umfall gehabt hätte, so wie beim Sport der Beltrametti (ehem. Skifahrer),
wäre er, nur so zum Spass, in der Sendung "Wetten dass"
in ein fahrendes Auto gerannt, hätte sich dabei sein (Rücken-)Mark durchtrennt,
hätte man ihn in einer Schlucht gefunden, übersäht mit schweren Wunden,
weil er von der Brücke gesprungen ist, man sagt dazu auch "Bungee gejumpd",
mit einem altersschwachen Seil, fände man das irrsinnig geil.
Es wäre ihm mit Sicherheit passiert, dass ihm jeder applaudiert,
weil er ein Optimist geblieben ist, sich seinen Mut nicht hat austreiben lassen.
Zum Aeschbacher (Talk-Show-Moderator) würde er gehen, dort könnte er seine Weisheit von sich geben,
dass alles nur eine Frage des Willens sei und jeder eine zweite Chance habe,
sein Leben wieder in den Griff zu bekommen, man müsse sich nur ein Bisschen dazu zwingen.
Ja, wer seine Gesundheit hergibt für nichts, der ist ein Held für ganz viele Leute,
und mit allgemeiner Sympathie, ist es einfach optimistisch zu sein.
Doch wer schon immer behindert gewesen ist, dem ruft man anderes hinterher:
"Warum lässt man dieses Kind nur leiden? Hätte man es nicht abtreiben können?
Es will mir gar nicht gefallen, dass wir für solche bezahlen müssen."
Es gibt keinen Ruhm und auch kein Geld für den Hans in dieser Welt.