Im aktuellen Jahresbericht spart ZSL-Geschäftsführer Peter Wehrli nicht mit Eigenlob: Die meisten Ziele seien grundsätzlich erreicht, die "Revolution" habe man gewonnen. Es gehe nur noch um die Feinarbeit, für die es keine leidenschaftlichen Kämpfer, sondern pragmatische Dienstleister brauche.
Mit keinem Wort erwähnt werden hingegen die Folgeschäden zweier verheerender IV-Revisionen und der nun schon seit 10 Jahren andauernden Hetzkampagne gegen vermeintliche IV-Betrüger: Die Stigmatisierung Behinderter (insbesondere der psychisch Behinderten und Schmerzpatienten) ist heute viel extremer als noch in den 90er Jahren. Pöbeleien und Übergriffe selbst gegenüber sichtbar eingeschränkten Menschen haben zugenommen.
Viele behinderte Menschen leben heute von der Sozialhilfe oder sind vermehrt auf Ergänzungsleistungen angewiesen, weil sie von der Invalidenversicherung als "integriert" abgestempelt werden, obwohl es für sie kaum Arbeitsplätze gibt. Und in diesem Augenblick läuft gerade eine Kampagne an, die darauf abzielt die Sozialhilfe, diesen letzten Faden an dem die Existenz so vieler behinderter Menschen nun hängt, auch noch zu kappen.
Und als sei das alles nicht schon schlimm genug, haben wir mit Kat Kankas Rückzug aus der Politik und dem Tod von Aiha Zemp in den letzten Jahren gleich zwei der engagiertesten und fähigsten Kämpferinnen für die Sache der behinderten Menschen verloren.
Aber anstatt die Bemühungen des in den letzten Jahren stark geschrumpften ZSL-Team's auf diese Probleme und die Rekrutierung einer neuen Generation politisch engagierter Aktivisten zu fokussieren, wartet Peter Wehrli wenige Jahre vor seiner Pensionierung mit einer nicht gerade subtilen Kampfansage an die Adresse der Pro Infirmis auf:
„Nach der einen sehr schlimmen Erfahrung meiner Familie mit diesem Verein würde ich eher zu EXIT gehen, als zu denen mit einer Bitte um Hilfe“
Etwas mehr Bodenständigkeit, Selbstreflektion und Sinn für die Entwicklungen ausserhalb des eigenen Umfeldes würden dem ZSL gut anstehen.
Siehe auch:
Jahresbericht 2012 - Nach der Revolution / Zentrum für Selbstbestimmtes Leben